Kreuzbandriss beim Hund

Nicht jeder Kreuzbandriss muss operiert werden

Nicht immer muss operiert werden

Kreuzbandriss konservativ behandeln – ohne OP

In meiner täglichen Arbeit als Tier-Physiotherapeutin begegne ich immer wieder Patienten – Hunde und ihre Besitzern mit Kreuzbandriss. Viele dieser Hunde sind zu alt, um die oft komplizierte Operation des Kreuzbandrisses – je nach Methode – mit guten Aussichten auf völlige Heilung durchführen zu können. Oder es gibt andere Gründe gegen eine Operation.

Nicht jeder Kreuzbandriss muss operiert werden!

Die Diagnose Kreuzbandriss bedeutet kein Todesurteil für Ihren Hund – nicht einmal für große und schwere Hunde wie einen Neufundländer. Kleinere und leichtere Hunde haben es aber natürlich leichter bei einem Kreuzbandriss: sie müssen weniger Gewicht umverteilen.

Krankheitsbild Kreuzbandriss beim Hund:

Anatomie des Kniegelenkes

Das Kniegelenk besteht eigentlich aus zwei Gelenken: dem Kniegelenk zwischen Oberschenkel und Unterschenkel und dem Kniescheibengelenk zwischen Oberschenkeln und Kniescheibe. Im Unterschied zu anderen Gelenken „passt“ das Kniegelenk eigentlich nicht: auf der relativ flachen Platte des Unterschenkel sitzen die großen runden Rollkämme des Oberschenkel. Deshalb übernehmen Seitenbändern, Menisken, Kniescheibe und das vordere und hintere Kreuzband die Stabilisierung des Gelenkes.

Ablauf des Kreuzbandrisses

Beim Kreuzbandriss reißt nun ein solches Halte-Band: das Gelenk wird instabil. Der Oberschenkel „rutscht“ bei der Bewegung nach vorne oder hinten – und kann dabei weitere Zerstörung in dem Gelenk anrichten.

Rund 80% der Hunde mit Kreuzbandriss haben einen degenerativen Kreuzbandriss. Das bedeutet, dass das Kreuzband bereits vor dem eigentlichen Unfall geschwächt ist. Bei einer eigentlich normalen Belastung reißt es dann, wie beim Losrennen.

  • Vielleicht liegt Arthrose schon im Gelenk vor, die das Band geschwächt hat. So liegt sehr oft eine schlechtere Hüftfunktion bei Hund vor. Über jahrelange Ausgleichsbewegungen kann der Hund sein Knie überlastet haben. Kniegelenk und die Kreuzbänder werden dann geschädigt.
  • Auch eine Patellaluxation kann zu solchen Arthrosen führen.
  • Eine allgemeine Bindegewebsschwäche hat zu weniger belastbaren Bändern geführt. (So erhöht z.B. eine Kastration das Risiko für einen Kreuzbandriss. hier, oder die englische Veröffentlichung hier. Auch eine Behandlung mit Kortison beeinflusst den Bandapparat eines Hundes.)

Ein Unfall kann selbstverständlich auch zu einem Kreuzbandriss führen. Ungünstig lossprinten, in ein Loch rein fallen, umknicken, all das sind Möglichkeiten, wie auch ein gesunder Bewegungsskünstler von Hund einen Kreuzbandriss erleiden kann.

Wie erkennt man einen Kreuzbandriss beim Hund?

Ein Kreuzbandriss führt zu einer hochgradigen, akuten Lahmheit – von jetzt auf gleich. Der Hund benutzt das Bein gar nicht mehr und hält es hoch. Jede Belastung ist sehr schmerzhaft – eigentlich wollen die Hunde sich gar nicht mehr bewegen. Der erste Schritt ist dann, den Tierarzt/Therapeuten aufzusuchen. Der kann mit einem sogenannten Schubladentest die Instabilität im Knie – also das gerissene Kreuzband – nachweisen.

Wenn der Tierarzt einen Kreuzbandriss feststellt, empfiehlt er meist eine Operation, um das Knie schnellstmöglich wieder zu stabilisieren. Dafür gibt es verschiedene OP-Methoden, mit unterschiedlichen Vorteilen und auch Nachteilen.

Nicht jeder Hund muss operiert werden!

Mir ist wichtig, dass nicht jeder Hund mit der Diagnose Kreuzbandriss operiert werden muss! Ich habe in meiner Praxis in über zwölf Jahren Therapie bei Hunden die Erfahrung gemacht, dass auch Hunde, die nicht operiert werden, wieder gut ins Laufen kommen. Natürlich braucht man eine vernünftige Physiotherapie und individuell angemessenen, gut geplanten Muskelaufbau. Eine maßgefertigte Bandage/Schiene hilft, damit das Band wieder gerade zusammenwächst – und das kann es.

Nicht jeder Hund kann überhaupt operiert werden. Sei es, weil das Risiko der Narkose zu hoch ist, sei es, dass andere Erkrankungen vorliegen, die die Operation bei einem Kreuzbandriss ausschließen.

Ablauf der konventionellen Behandlung eines Kreuzbandrisses – ohne Operation

  • Wichtig ist, dass die Entzündung im Gelenk nach einem Kreuzbandriss behandelt wird. Wir müssen uns darum kümmern, dass der Hund wieder schmerzfrei laufen kann. Dabei können Wärme-/Kälteanwendungen helfen, Akupunktur, Blutegel, Homöopathie, TENS oder auch der Therapeutische Ultraschall.
  • Wenn der Hund groß genug ist, wird eine Bandage maßangefertigt. Sie hält den Ober- und den Unterschenkel in der richtigen Lage. Das verhindert den Schubladeneffekt: der Unterschenkel kann nicht vom Oberschenkel wegrutschen. Auch seitliche Verschiebungen verhindert die Bandage mit ihrer eingebauten Schiene.
  • Gleichzeitig muss der Rücken behandelt werden: durch das Hinken/ die Lahmheit wird er sehr belastet, denn ihr Hund muss sein Gewicht muss nun anders verteilen. Massagen und manuelle Therapie lösen schmerzhafte Blockaden. So lernt der Hund, sein Knie wieder zu benutzen. Ist die Muskulatur locker, kann ein Muskelaufbau stattfinden – verspannte Muskulatur kann nicht erfolgreich auftrainiert werden. Deshalb sollte vor jeder Therapieübung eine genaue körperliche Untersuchung und, falls notwendig, eine Massage, stattfinden, um die Verspannungen zu lösen.

Wie lange dauert die Therapie bei einem Kreuzbandriss ohne Operation?

Man sollte sich zwischen sechs Wochen und einem halben Jahr Zeit nehmen – das ist bei einer Operation nicht wirklich viel weniger. Nach Operation eines Kreuzbandes sollte der Hund strikt 6 Wochen an der Leine geführt werden. Das gilt auch ohne Operation – und die Hunde wollen es meist auch gar nicht anders.

Ablauf der Therapie

In der akuten Phase sollte die Therapie etwa zweimal/Woche stattfinden, danach für die nächsten 3-5 Wochen einmal/Woche. Nach etwa sechs Wochen sollte der Hund wieder auf vier Beinen laufen können: normale Spaziergänge ohne Toben mit den Artgenossen sind dann möglich. Die vollständige Genesung sollte nach etwa sechs Monaten erreicht sein.

Wenn das Knie bereits vorgeschädigt ist, sollte eine Physiotherapie stattfinden, um die Schmerzen und Schäden durch die Entlastungshaltung des Hundes so gering wie möglich zu halten – für Lebensfreude und Bewegungslust.

Fazit :

Ich habe viele Patienten; groß und kleine Hunde, die nach einem Kreuzbandriss wieder wunderbar laufen können – ohne dass sie operiert wurden. Ohne Physiotherapie geht es aber nicht. Dies führt leider zu oft zu Arthrosen im Knie sowie zu Gelenksversteifungen.

ein Boxer-Rüde tobt über das Feld - trotz Arthrose(Knie und Ellbogen) voller Lebensfreude